Sommertipps 2023 (3): 100 Seiten Benjamin von Stuckrad-Barre
Ein hochtourig geschriebenes Buch, unterhaltsam und raffiniert - das ist der Befund der ersten hundert Seiten von "Noch wach?", Benjamin von Stuckrad-Barres Aufreger vom Frühjahr.
Von der Naivität und ihrem Verlust
1973 wurde Christa Wolf um einen Text über ihr Erstlingswerk gebeten, die "Moskauer Novelle" von 1961. Sie kommt dabei auf die Voraussetzungen des Schreibens zu sprechen - und schreibt um den heißen Brei der Zensur herum.
Page-99-Test: Benjamin von Stuckrad-Barre
Ist Benjamin von Stuckrad-Barres neuer Roman Literatur, oder geht es in „Noch wach?“ nur um die schmutzige Wäsche? Ein Blick auf die Seite 99 zeigt, dass der Autor nicht nur die gesprochene Rede beherrscht, sondern auch das Register wechseln kann.
Page-99-Test: Thomas Mann
Die Seite 99 von Thomas Manns „Der Zauberberg“ erzählt von einem Wetterumsturz in Davos, mit einem geballten Einsatz von Adjektiven. Zugleich liegt das Augenmerk des Autors auf dem Outfit seiner Figuren.
Page-99-Test Annie Ernaux
"Show, don't tell" lautet ein universales Prinzip des kreativen Schreibens. Auf der Seite 99 von Annie Ernaux' Roman "Die Jahre" (2008) kann man mitverfolgen, wie dieses Prinzip umgesetzt wird: Die Schilderung einer Partyszene lässt uns die Entfremdung der Generationen unmittelbar...
Page-99-Test: Abdulrazak Gurnah
Der Roman "Nachleben" des Nobelpreisträgers Abdelrazak Gurnah ist effizient und lebendig erzählt. Die Analyse der Beiwörter verrät, dass es dem Autor dabei wohl nicht um stilistische Raffinesse geht.
Page-98-Test: Sibylle Berg (2)
Auf der Seite 98 von Sibylle Bergs neuem Roman „RCE“ finden sich irreführende Relativsätze, Ballungen von Nomina und ganz allgemein Bequemlichkeitsdeutsch. Schon der Vorgängerroman „GRM“ war nicht frei von stilistischen Schwächen.
Page-99-Test: Uwe Tellkamp
Auf der Seite 97 von Uwe Tellkamps "Der Schlaf in den Uhren" begegnen wir der Wutrede eines besorgten Bürgers. Spricht die Figur ihrem Autor aus dem Herzen, oder wird sie vorgeführt?
Page-99-Test: Serhij Zhadan
Der Roman "Internat" (2018) von Serhij Zhadan spielt im Krieg im Donbass. Die Seite 99 zeigt, mit welchen Stilmitteln man den Krieg in der Literatur erlebbar machen kann.
Wenn das Nervensystem einer Gesellschaft versagt
Während die ganze Welt Putins Krieg in Echtzeit mitverfolgt, bekommt die Mehrheit der russischen Bevölkerung davon nichts mit. Warum ist Putins Propaganda so erfolgreich?