Der Roman “Der Ort, an dem die Reise endet”, beginnt mit einem gewaltsamen Tod: Der begabte junge Ingenieur Odidi wird in den Wirren, die auf die Wahlen 2007 folgen, von der Polizei erschossen. Kenia ist ein Land, “das sein eigenes Volk erschießt, sich das eigene Herz herausreißt”, so heißt es im Roman, und es scheint, als würden gerade diejenigen der Gewalt zum Opfer fallen, die von einem anderen Kenia träumen. Odidis Tod führt die Mitglieder der Familie Oganda zusammen, und er konfrontiert sie mit ihrer Entfremdung. In dieser Familiensaga gibt es keine Unschuldigen und keine Helden. Wir erleben starke, widersprüchliche Figuren, Gefangene von Erinnerungen, über die nicht gesprochen wird:

Schwüre der Stille, ein langsam wirkendes Gift mit dem verführerischen Versprechen des Vergessens.

Yvonne Adhiambo Owuor verfügt über eine Sprache, die vor großen Worten nicht zurückschreckt: „Stille, die finster war wie der brütende Geist der Genesis.“ In ihren Worten erstehen die Landschaften Kenias, schrecklich und schön, voll von Gerüchen, die man als Europäer nicht kennt:

Die Reisegefährten riechen immer noch nach ranziger Butter und dem besonderen Schweiß der Wüste.

Owuor erzählt mit kühnen Temposchwankungen, nah an den rohen, unmittelbaren Gefühlen. „This language sweats. It bleeds“, schreibt Taiy Selasi in ihrer Rezension in der New York Times. Yvonne Adhiambo Owuors Roman handelt vom Drama eines Landes auf der Suche nach sich selbst – und von den Menschen, die in diesem Drama ihre Rolle suchen.

Angaben zum Buch
Yvonne Adhiambo Owuor
Der Ort, an dem die Reise endet
Roman
Übersetzt von Simone Jakob
Dumont Buchverlag 2016 · 507 Seiten · 22,99 Euro
ISBN-13: 978-3832198206
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Von Sieglinde Geisel

Journalistin, Lektorin, Autorin. Gründerin von tell.

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